Die Nordost-"Umgehung", der Lärm und der Feinstaub
von Wieland Weise
Der einzige Straßenzug, für den die Prognosen der Stadt eine deutliche Entlastung durch die Nordost-„Umgehung“ erwarten lassen, ist die Strecke Fiedlerweg/Rhönring. Die Zahlen variieren zwischen 30% und 50%.
Solche Versprechen sind jedoch mit Vorsicht zu genießen: Die Erfahrung lehrt, dass Entlastungen auf lange Sicht wieder aufgezehrt werden. Ursächlich hierfür sind Verkehrsverlagerungen. Von einer Entlastung profitiert der automobile Durchgangsverkehr, da im Schnitt schneller gefahren werden kann. Was bedeutet das für die Lärmbelastung der Anwohner?
Basis für eine Prognose ist die „Vorläufige Berechnungsmethode für den Umgebungslärm an Straßen (VBUS)“ (Bekanntmachung der vorläufigen Berechnungsverfahren für den Umgebungslärm, Bundesanzeiger Nr. 154a, 2006). Eine Verringerung des Verkehrs um 30% – 50% ergibt danach eine Lärmreduktion um 1,5 dB bis 3 dB. (Eine Lautstärkehalbierung empfindet der Mensch allerdings erst bei einem Lärmrückgang von ca. 10 dB.) Allerdings ergibt sich diese Reduktion nur, sofern sich die Fahrgeschwindigkeiten nicht ändern.
Bei geringerer Verkehrsdichte erhöht sich jedoch die Fahrgeschwindigkeit ebenso wie die Beschleunigung. Dieses wirkt sich wiederum in einer signifikanten Lärmzunahme aus (Deshalb wird das Tempo auf Autobahnstücken an Wohnsiedlungen begrenzt). Wenn sich in Stoßzeiten die Geschwindigkeit auf dem Rhönring als Folge der Verkehrsreduktion von 30 auf 50 km/h erhöht, führt dies zu einer Lärmerhöhung von 2,5 dB – und macht damit den Effekt der Verkehrsentlastung wieder vollständig zunichte.
Was kann die Stadt gegen den Lärm auf dem Rhönring tun? Sinnvoll ist eine Verkehrsberuhigung durch Tempo 30. Dieses kann ohne großen Aufwand von der Heinheimer Straße auf den Rhönring ausgeweitet werden. Da es sich um eine kommunale Straße handelt, liegt das Tempolimit im Entscheidungsbereich der Stadt. Sinnvoll ist auch ein durchgängiges Lkw-Verbot auf Rhönring und Heinheimer Straße nach dem Vorbild der Heinrichstraße. Dieses muss allerdings überwacht werden!
Ist auf dem Rhönring denn wenigstens ein Rückgang beim Feinstaub zu erwarten? Laut städtischer Prognosen ist auch dieses nicht der Fall. Insgesamt würden aufgrund der den Verkehr anziehenden Wirkung der Nordost-„Umgehung“ mehr Schadstoffe in Darmstadt ausgestoßen. Der größte Teil der Tunnelabgase würde ungefiltert im Bürgerpark ausgeblasen, wovon auch die Anwohner des Rhönrings betroffen wäre.