Alternatives Ergebnispapier zum Dialogforum
In Verantwortung gegenüber unserer Stadt und unseren Mitbürgern empfehlen wir, die Bürgerinitiative "Darmstadt Ohne Nordostumgehung" den Stadtverordneten bei ihrer erneuten Entscheidung über den Bebauungsplan N59 (NordOstUmgehung NOU) Folgendes zu bedenken:
- 575 Mio. € Schulden, 40 Mio. € jährliche Zinslast, 175 Mio. € Verbindlichkeiten und ein Sanierungsstau von 270 Mio. € für Schulen, Straßen, Schwimmbäder etc.. Angesichts dieser Finanzlage wäre für eine Beteiligung der Stadt Darmstadt an der NOU in Höhe von geschätzten 41 – 56 Mio. € (was nach Erfahrungen mit anderen Planungen höchstwahrscheinlich deutlich übertroffen wird) ein eindeutiger und großer Nutzen erforderlich, der diese immensen Kosten rechtfertigen würde. Diesen Nutzen gibt es nicht!
- Die 5-Jahres-Zählungen der Hessischen Straßenverwaltung weisen aus, dass der nach Darmstadt strömende Kfz-Verkehr seit 1995 nicht zu-, sondern abgenommen hat.
- Die Entlastung der Innenstadt durch LKW würde nicht, wie bisher seitens des Baudezernenten dargestellt, 70%, sondern allenfalls 35% betragen, wie die genaue Analyse der zugrunde liegenden städtischen Befragung von LKW-Fahrern vom April 2006 zeigt.
- Die NOU würde zusätzlichen Verkehr erzeugen. Fachleute sprechen von mindestens 10% induziertem Verkehr, also Fahrten, die ohne NOU nicht zurückgelegt würden. Diese Verkehre sind in der Prognose nicht berücksichtigt. Zusätzlich käme es zu Verkehrsverlagerungen von Fahrzeugen, die bisher andere Strecken gefahren sind und von Personen, die bisher Bus, Bahn oder Fahrrad benutzt haben. Die Attraktivität des als Alternative bestehenden ÖPNV würde gemindert, da durch die NOU und die durch sie erzeugte Verkehrszunahme sowie den Wegfall von Ampelvorrangschaltungen längere Fahrtzeiten der Regionalbusse entstehen.
- Nur der Straßenzug Fiedlerweg / Spessart- und Rhönring würde durch die NOU wahrnehmbar entlastet. Mit preiswerteren und schneller wirkenden Maßnahmen wie Tempo 30 würden aber, was z.B. den Lärm betrifft, die gleichen Entlastungsfolgen erzielt werden können. Eine merkliche Entlastung anderer Straßen fände nicht statt. Ein Rückbau innerstädtischer Straßenflächen zugunsten der nicht-motorisierten Mobilität kann dagegen einen Beitrag leisten. Wirksam entlastet werden können das Straßennetz und die Anwohner nur durch Verkehrsverminderung statt Verkehrsverlagerung.
- Anwohner des Edelsteinviertels und des Bereichs Ostbahnhof müssten mit einer Zunahme der Belastungen um ca. 60 % rechnen. Im Wohngebiet südlich des Nordbahnhofs wäre nach den bisherigen Prognosen sogar von einer Verkehrszunahme von ca. 125 % auszugehen.
- Im Bürgerpark, der als Erholungs- und Sportbereich sowie für das Klima der nördlichen Stadtviertel eine entscheidende Bedeutung hat, würde die heute gute Luftqualität bis an die Grenze des Zulässigen belastet.
- Es liegt keine belastbare Berechnung der Wirtschaftlichkeit im Verhältnis zu den erreichbaren Umweltverbesserungen und im Vergleich zu anderen Verkehrsmodellen vor.
- Die Verpflichtungen der Stadt zur Daseinsvorsorge wiegen schwerer als ein singuläres Vorhaben, das für den größten Teil der Stadt keine positiven verkehrlichen Auswirkungen hätte.
- Wir halten das NOU-Projekt für kontraproduktiv, da es alle Selbstverpflichtungen der Stadt zum Klimabündnis und zu Zielen der Agenda 21 unterlaufen würde. Unser aller Klima, unser aller Atemluft leidet. Die Gesamtemissionen des Verkehrs in Darmstadt würden mit der NOU steigen.
Zum jetzigen Zeitpunkt besteht weder eine Dringlichkeit noch eine Notwendigkeit eines Beschlusses über den Bebauungsplan N59:
- Das Forum für die Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans hat seine Arbeit wieder aufgenommen und wird auch verkehrliche Alternativen untersuchen.
- Die nächste turnusgemäße und umfassende Verkehrszählung auf allen Einfallstraßen nach Darmstadt wird im Jahr 2010 erfolgen, so dass Prognosen überprüft werden können.
- Angesichts der wirtschaftlichen Situation und der steigenden Schuldenlast von Stadt, Land und Bund halten wir Gesamtausgaben von geschätzten 200 Mio. € für volkswirtschaftlich, gesellschaftlich und ökologisch nicht verantwortbar.
Darmstadt, im Dezember 2009